Viele Unternehmen haben in der aktuellen Corona-Krise Kurzarbeit beantragt und sprechen trotzdem vereinzelt betriebsbedingt Kündigungen aus.
Für betroffene Arbeitnehmer stellt sich dann in dieser Situation die Frage: Ist das überhaupt möglich? Oder sperrt der Antrag auf Kurzarbeit, die Möglichkeit des Arbeitgebers, eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen?
BAG zu betriebsbedingter Kündigung während Kurzarbeit
Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) nur einmal im Jahre 2012 beschäftigt.
Nach den in diesem Urteil entwickelten Grundsätzen spricht die Einführung von Kurzarbeit grundsätzlich dagegen, dass Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung vorliegen. Denn Kurzarbeit setzt einen nur vorübergehenden Arbeitsmangel voraus – und exakt dieser vorübergehende Arbeitsmangel kann nicht als Begründung für eine betriebsbedingte Kündigung herangezogen werden. Der Arbeitgeber hat durch den Kurzarbeits-Antrag deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er eben nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel ausgeht. Hieran ist er in gewisser Weise gebunden. Das würde natürlich deutlich gegen die Möglichkeit betriebsbedingter Kündigungen sprechen.
Indiz gegen Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung
Klar ist aber auch: Die Einführung von Kurzarbeit ist lediglich ein Indiz dafür, dass die Voraussetzungen für betriebsbedingte Kündigungen nicht vorliegen. Dieses Indiz kann der Arbeitgeber nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts durch konkreten Sachvortrag entkräften, was nicht immer leichtfallen dürfte und damit eine Chance für Arbeitnehmer ist:
Ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung während der Kurzarbeit könnte aber z.B. vorliegen, wenn nach dem Antrag auf Kurzarbeit jegliche Beschäftigungsmöglichkeiten entfallen, weil sich der Arbeitgeber beispielsweise dazu entschließt, bestimmte Arbeiten dauerhaft gar nicht mehr durchzuführen oder er Standorte schließt. Nur wenn sich nach dem Antrag auf Kurzarbeit die Situation derart verändert, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit nicht mehr ausreicht, um den betrieblichen Gründen Rechnung zu tragen, ist eine betriebsbedingte Kündigung in der Kurzarbeit deshalb überhaupt denkbar.
Fazit: Kündigung nicht ganz einfach
Über die Gründe, die zur Kurzarbeit geführt haben, hinaus müssen also weitere dringende betriebliche Erfordernisse hinzukommen, damit eine betriebsbedingte Kündigung in dieser Situation überhaupt möglich ist. Diese Erfordernisse muss der Arbeitgeber auch noch so substantiiert darstellen.
Die Messlatte und die Anforderungen an die betriebsbedingte Kündigung in dieser Situation sind damit sehr hoch. Denn bei einer betriebsbedingten Kündigung während der Kurzarbeit sind deutlich höhere Anforderungen an den betriebsbedingten Grund im Hinblick auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit zu stellen als bei einer „normalen“ betriebsbedingten Kündigung. Grundsätzlich ausgeschlossen ist diese Möglichkeit aber nicht – betriebsbedingte Kündigungen in der Kurzarbeit sind möglich!
Da bisher jedoch nur die genannte eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu diesem Thema gibt, ist abzuwarten, ob sich diese Rechtsprechung auch in der aktuellen Situation fortsetzen und damit verfestigen wird bzw. welche Anforderungen die Rechtsprechung künftig aufstellen wird.