In der aktuellen Covid-19-Pandemie ergeben sich für Arbeitnehmer viele Sorgen und teilweise müssen sie mit weniger Gehalt auskommen, z.B. wegen Kurzarbeit. Dann kommt die Sorge hinzu: was passiert mit dem Gehalt, wenn man in Quarantäne muss? Was passiert, wenn das Unternehmen „dicht“ macht für einige Wochen? Je mehr die Infektionszahlen steigen, desto wahrscheinlicher wird es, dass dieses Szenario für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eintreffen kann.
Weist ein Arbeitnehmer keine Symptome der Erkrankung auf, hatte aber Kontakt mit einer mit dem Corona-Virus infizierten Person, so muss er sich auf Anordnung des Gesundheitsamtes 14 Tage in Quarantäne begeben.
Betriebsrisiko des Arbeitgebers: Anspruch auf Bezahlung
Eine solche Situation wie die aktuelle Situation aufgrund der Corona-Pandemie ist zwar gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Die Betriebsrisikolehre des Bundesarbeitsgerichts legt aber fest, wer das (wirtschaftliche) Risiko trägt, wenn die Arbeit ohne Verschulden des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers nicht erbracht werden kann.
§ 615 S. 3 BGB greift die Betriebsrisikolehre des Bundesarbeitsgerichts auf und ordnet grundsätzlich alle Umstände, die aus dem Bereich des Unternehmens herrühren, dem wirtschaftlichen Risiko des Arbeitgebers zu. Darunter fällt auch eine Schließung eines Betriebs, weil z.B. keine Zulieferung mehr stattfindet und deshalb nicht mehr produziert werden kann. Auch für Betriebsverbote, die z.B. das Gesundheitsamt ausspricht (z.B. Fall Tönnies) trägt der Inhaber des Unternehmens, also der Arbeitgeber, das wirtschaftliche Risiko.
Schließen alle Betriebe der Branche vollständig, wie es z.B. pandemiebedingt derzeit in Restaurants, Schwimmhallen, Freizeiteinrichtungen etc. der Fall ist, fällt das grundsätzlich auch in den Risikobereich des Arbeitgebers.
Die Folge: der Arbeitgeber muss Gehalt weiterbezahlen, obwohl die Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringen (können).
Ausnahmen vom Betriebsrisiko
Nicht zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers gehören allgemeine Gefahrenlagen z.B. ein Terroranschlag. In diesem Falle würde ein Anspruch auf Weiterbezahlung entfallen. Es gibt Stimmen in der arbeitsrechtlichen Literatur, die hierzu auch Epidemien zählen. Allerdings liegt zumindest bei solchen Einrichtungen, die derzeit aufgrund der hohen Besucherzahlen und des damit erhöhten Infektionsrisikos geschlossen sind, eine besondere Eigenart des Betriebs vor. Diese besondere Eigenart spricht dafür, eine pandemiebedingte Schließung weiterhin als Betriebsrisiko des Arbeitgebers einzuordnen. Das hat zur Folge, dass Arbeitnehmer auch dann weiterhin Anspruch auf Bezahlung haben, wenn ein Unternehmen pandemiebedingt nicht arbeiten kann.
Sofern die Arbeit trotz Betriebsschließung im Homeoffice erbracht werden kann (siehe dazu unseren Blog-Beitrag zum Homeoffice), muss die Arbeitsleistung dort erbracht werden und ist dann ganz regulär zu vergüten.
Quarantäne: Risiko des Arbeitnehmers?
Stell sich die Frage: wie ist das Risiko verteilt, wenn das Unternehmen normal arbeitet, ein Mitarbeiter aber in Quarantäne muss?
Da der Arbeitnehmer seine Arbeit in der Regel vor Ort, also im Unternehmen des Arbeitgebers erbringen muss, kann er seine Arbeitskraft hier nicht anbieten. Das hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung für die 14 Tage nicht mehr zur Verfügung stellt. Damit liegt das Risiko in dieser Situation auf Seite des Arbeitnehmers. Ohne Dienstleistung erfolgt dann auch grundsätzlich keine Gegenleistung, also keine Vergütung.
Das Gleiche gilt für den Fall, dass Arbeitnehmer aus Furcht vor Ansteckung mit dem Virus nicht zur Arbeit erscheinen. Für sie entfällt der Vergütungsanspruch gemäß § 326 Abs. 1 BGB.
Arbeit im Homeoffice möglich?
Ist die Arbeit im Homeoffice möglich, gilt das Gleiche wie bei der Betriebsschließung: Dann muss die Arbeitsleistung im Homeoffice erbracht werden und der Arbeitgeber diese natürlich voll vergüten. Ist die Arbeitsleistung ausschließlich vor Ort zu erbringen, z.B. aufgrund der Art der Tätigkeit (Krankenpflegepersonal, Gastronomie), so muss der Arbeitgeber das Gehalt für die Zeit der Quarantäne nicht zahlen.
Zusammenfassung
Ob ein ausreichendes Angebot zur Arbeitsleistung von Seiten des Arbeitnehmers erfolgt, hängt also auch davon ab, ob die Arbeit beim Arbeitgeber oder zu Hause erbracht wird. Kann im Homeoffice gearbeitet werden, muss das Gehalt auch während der Quarantäne weiter bezahlt werden.