Ziel des Kündigungsschutzes
Ziel des Kündigungsschutzes
Ziel des Kündigungsschutzes ist, Arbeitgeberkündigungen an gesetzliche Vorgaben zu binden und die gerichtliche Überprüfung von Kündigungen zu ermöglichen.
Erfolgt eine Kündigung – oder eine sog. Änderungskündigung – entgegen arbeitsrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften, kann ein Arbeitnehmer die Wirksamkeit der Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage bzw. Änderungskündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht überprüfen lassen, wenn das KSchG anwendbar ist. Stellt das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung fest, besteht das Arbeitsverhältnis fort – andernfalls ist es beendet und auch das dann gerichtlich festgestellt.
Ist der Ausgang des Verfahrens ungewiss oder zeichnet sich die Unwirksamkeit der Kündigung ab bzw. will der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auf jeden Fall beenden, ist oft eine einvernehmliche Regelung z.B. in Form eines Aufhebungsvertrages in Verbindung mit der Zahlung einer Abfindung ein gangbarer Weg.
Wann gilt das Kündigungsschutzgesetz?
Wann gilt das Kündigungsschutzgesetz?
Der Schutz des KSchG ist umfassend, aber nicht grenzenlos. Denn nicht für jeden Arbeitsvertrag gelten die Vorschriften des KSchG. Ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar, ist eine Überprüfung der Kündigung im Wege der Kündigungsschutzklage nicht möglich.
§ 1 KSchG definiert, dass Kündigungsschutz nach dem KSchG – und damit die Klagemöglichkeit vor dem Arbeitsgericht – nur besteht, wenn das Arbeitsverhältnis
- ohne Unterbrechung länger als sechs Monate im selben Betrieb bestand und
- im Unternehmen in der Regel mehr als fünf bzw. – bei Neueinstellung nach dem 31.12.2004
- mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind (exkl. Auszubildende).
Nur dann muss der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund vorweisen können – nur dann kann ein Arbeitnehmer mit der (Änderungs-)Kündigungsschutzklage gegen eine (Änderungs-)Kündigung vorgehen.
In Kleinbetrieben von nicht mehr als 10 Beschäftigten greift damit das KSchG nicht. Hier kann der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich „ohne Grund“ kündigen.
Kündigungsgründe nach KSchG
Kündigungsgründe nach KSchG
Greift das KSchG, ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber nur möglich, wenn ein sog. Kündigungsgrund im Sinne des KSchG vorliegt. Die Kündigungsgründe teilt das KSchG in drei Kategorien:
- verhaltensbedingte Kündigung = Grund für Kündigung liegt in einer schuldhaften Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (steuerbares Verhalten)
- personenbedingte Kündigung = Grund für Kündigung liegt in der Person (nichtsteuerbares Verhalten, z.B. Krankheit)
- betriebsbedingte Kündigung = die Kündigung hat ökonomische Gründe bzw. basiert auf unternehmerischer Entscheidung (Stellenabbau, Standortschließung etc.)
Liegt ein Kündigungsgrund vor, kann eine Kündigung aber dennoch unwirksam sein, z.B. weil dem Arbeitgeber bei der Sozialauswahl Fehler unterlaufen sind oder die Kündigung schlichtweg unverhältnismäßig (fehlende Abmahnung etc.) ist. Auch das wird im Rahmen einer Kündigungsschutzklage gerichtlich geprüft.
Sonderkündigungsschutz: Betriebsräte, Schwangere, Schwerbehinderte etc.
Sonderkündigungsschutz: Betriebsräte, Schwangere, Schwerbehinderte etc.
Für einige Personengruppen gelten besondere Regeln im Kündigungsschutz – diese Personengruppen sind – arbeitsrechtlich betrachtet – besonders schutzwürdig. Teilweise ist eine Kündigung dann ausgeschlossen (Kündigungsverbot), teilweise müssen zusätzliche Voraussetzungen vorliegen, damit eine Kündigung möglich ist.
- Schwangere: Während einer Schwangerschaft und bis vier Monate nach Entbindung besteht ein Kündigungsverbot (§ 17 MuSchG) unabhängig von der Betriebsgröße, es bezieht sich auch auf sog. Änderungskündigungengreift sogar in der Probezeit. Nur in seltenen Ausnahmen ist die Kündigung einer Schwangeren mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde möglich.
- Auch Eltern in Elternzeit genießen besonderen Kündigungsschutz – egal, ob Vater oder Mutter, ggf. auch gleichzeitig. § 18 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) stellt ein Kündigungsverbot während der Elternzeit auf. Es gilt jeweils ab dem Zeitpunkt, zu dem Elternzeit beantragt wurde (8 bzw. 14 Wochen vor Beginn der Elternzeit), und während der Elternzeit. In dieser Zeit ist eine Kündigung nur mit behördlicher Genehmigung möglich.
- Betriebsratsmitglieder: eine ordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern ist – auch bei Vorliegen eines Kündigungsgrunds! – grundsätzlich unwirksam. Ausnahmen sind z.B. bei Betriebsstillegungen / Standortschließungen etc. möglich (§ 15 KSchG). Bei einer außerordentlichen Kündigung muss die Zustimmung des Betriebsratsgremiums vorliegen.
- Bei Schwerbehinderten mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50% gelten die Anforderungen der § 168 ff. SGB IX. So ist zusätzlich die Zustimmung des zuständigen Integrationsamts notwendig und im Zustimmungsverfahren vor dem Integrationsamt auch eine ggf. bestehende Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen (§ 178 SGB IX).
Kündigungsschutzklage immer notwendig
Kündigungsschutzklage immer notwendig
Wichtig ist in allen Konstellationen, auch in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht greift: Auch gegen eine Kündigung, die mehr oder minder offensichtlich unwirksam ist – z.B. im Falle einer Schwangerschaft – muss fristgerecht Kündigungsschutzklage gem. § 4 KSchG erhoben werden.
Andernfalls tritt die sog. Fiktionswirkung des § 7 KSchG ein: wird nicht fristgerecht Klage erhoben, gilt auch eine an sich unwirksame Kündigung als wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis.
Dr. Dirk Brust
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Dr. Jörg Wernery
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Katharina Müller
Rechtsanwältin