Reifen Continental

Continental Aachen: Die Schließung und ihre arbeitsrechtlichen Folgen

Die Schließung des Continental-Werks ist „beschlossene Sache“. Mitarbeiter verwundern diese Massenentlassungen, denn das Continental Werk in Aachen soll profitabel sein und dennoch geschlossen werden.

Aus diesem Grund stellen sich viele Arbeitnehmer, die häufig seit vielen Jahren bei Continental beschäftigt sind, die Frage, ob die Schließung des Werks und damit verbundene (betriebsbedingte) Kündigungen überhaupt möglich sind. Darf also ein Unternehmen geschlossen werden, obwohl das Werk arbeitet?

Als Rechtsanwälte und Fachanwälte für Arbeitsrecht beantworten wir in diesem Beitrag Ihre wichtigsten Fragen zu diesem Thema.

Unternehmerische Freiheit ermöglicht Schließung

Die Frage, ob ein Unternehmen, das schwarze Zahlen schreibt, geschlossen bzw. ob sein Standort verlegt werden darf, ist eindeutig mit ja zu beantworten.

Letztlich resultiert das aus der Eigentumsfreiheit, die im Grundgesetz geregelt ist und auch für Unternehmen gilt. Aus diesem Grund kann und darf der Eigentümer eines Unternehmens frei entscheiden, ob das Unternehmen fortgeführt oder geschlossen werden soll – vollkommen unabhängig von der Profitabilität des Unternehmens. Aus dem gleichen Grund darf ein Unternehmer auch entscheiden, ob er weiter in Deutschland oder im Ausland produzieren lassen möchte.

Solche Entscheidungen eines Unternehmers oder der Unternehmensführung bzw. Konzernleitung sind arbeitsgerichtlich nicht überprüfbar.

Schließung bei Continental: „mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung“

Bei einer Schließung eines Unternehmens handelt es sich allerdings um eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein Betriebsrat vorhanden ist.

Allerdings greift diese Regelung nur, wenn eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern betroffen ist: nur wenn mehr als 20 Beschäftigte im Unternehmen vorhanden sind, ist die Schließung mitbestimmungspflichtig. All diese Voraussetzungen dürften im Falle des Continental-Werks in Aachen erfüllt sein.

Interessenausgleich und Sozialplan sind bei Massenentlassung notwendig

Das hat zur Folge, dass das Unternehmen einen Interessenausgleich und einen Sozialplan mit dem Betriebsrat verhandeln muss. Im Interessenausgleich werden die Maßnahmen definiert, die wegen der Schließung anstehen. Im Zweifel enthält der Interessenausgleich bei einer Betriebsschließung lediglich die Ermächtigung, alle Beschäftigungsverhältnisse betriebsbedingt zu kündigen.

In einem Sozialplan werden sodann die wirtschaftlichen Folgen der anstehenden betriebsbedingten Kündigungen für die Mitarbeiter geregelt. Den Beschäftigten soll ein Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes zugesprochen werden – in der Regel in Form einer Abfindung. Dafür wird der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber die Höhe der Abfindungen, den sogenannten Sozialplanabfindungsfaktor, zu verhandeln.

Die Höhe der Sozialplanabfindung für die einzelnen Mitarbeiter ist meistens abhängig vom Alter der/s jeweiligen Beschäftigten sowie von der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit: je länger ein Mitarbeiter beim Unternehmen – hier Continental – beschäftigt ist, desto höher fällt in der Regel die Abfindung aus. Hat ein Arbeitnehmer Kinder oder ist schwerbehindert gem. §§ 2 SGB IX, fällt die Abfindung in der Regel um einen festgelegten Betrag höher aus.

Weitere formelle Anforderungen für Standortschließung

Zusätzlich muss ein Arbeitgeber, der einen Standort schließen will unter bestimmten Voraussetzungen noch weitere Anforderungen erfüllen. So muss das Arbeitgeber-Unternehmen in Abhängigkeit von der Beschäftigtenzahl die Kündigung mehrerer Mitarbeiter als Massenentlassung bei der Bundesagentur für Arbeit anzeigen. An diese Massenentlassungsanzeige (§ 17 Abs.1 KSchG) sind hohe formelle Anforderungen zu stellen – auch hier kann es zu Fehlern kommen, sodass die Kündigungen womöglich unwirksam sind.

Nicht zuletzt ist der Betriebsrat zu jeder einzelnen Kündigung individuell anzuhören. Geschieht das nicht, ist die Kündigung ebenfalls unwirksam.

Anforderungen erfüllt – Standortschließung ist möglich

Sind alle formalen Voraussetzungen eingehalten, kann der Arbeitgeber betriebsbedingte Kündigungen auch in größerem Umfang (Massenentlassung) aussprechen, um einen Standort zu schließen bzw. zu verlagern. Das gilt auch wenn das Unternehmen an dem bisherigen Standort profitabel gearbeitet hat.

Letztlich basiert eine Schließung oder Sitzverlagerungen auf einer unternehmerischen Entscheidung, die von Arbeitsgerichten nur auf Willkür hin überprüft werden darf. Ansonsten ist den Arbeitsgerichten die Überprüfung der Sinnhaftigkeit, der Richtigkeit oder der Effektivität einer unternehmerischen Entscheidung entzogen. Gegen die unternehmerische Entscheidung als solche wird sich ein/e Beschäftigte/r in einem Kündigungsschutzverfahren kaum zur Wehr setzen können.

Kündigung muss Formalien beachten

Allerdings müssen auch bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen einer Standortschließung bestimmte Formalien eingehalten werden, damit die Kündigung in jedem einzelnen Fall wirksam ist.

Haben Sie eine betriebsbedingte Kündigung wegen der Schließung des Continental-Standortes in Aachen erhalten? Sind Sie unsicher, ob die Kündigung alle Formalitäten eingehalten hat oder haben Sie Fragen zur Abfindung? Sprechen Sie uns gerne an! Als Rechtsanwälte und Fachanwälte für Arbeitsrecht in Aachen beantworten wir Ihre Fragen gerne! Sie erreichen uns telefonisch in Aachen unter 0241 / 9 46 21-0 oder per E-Mail an .

Bildnachweis: Владимир Разгуляев - stock.adobe.com